WENN ELTERN BEIM FUSSBALL PÖBELN
Bei einem Fußballspiel ist jeder mit viel Emotionen dabei, manchmal auch zu viel. Brüllende Zuschauer & Eltern wohin man schaut… Es scheint zur Normalität geworden zu sein. Susanne Amar, Gründerin des Blogs „Ins Netz gegangen“, schreibt in ihrem zweiten Blog zu diesem Thema über Fairplay am Spielfeldrand und die Verantwortung von Spielereltern.
[…] Zur Zeit macht es mir keinen Spaß mehr am Spielfeldrand zu stehen, weil ich es oft nicht mehr fassen kann, was da abgeht: von der Seitenlinie wird permanent mit Zwischenrufen ins Spiel eingegriffen – für Trainer normal, die ihre Spieler dirigieren… Aber wenn alle Zuschauer „Abseits“ oder „Foul“ in einem Ton brüllen, dass der Schiri vor Schreck pfeift, ständig von der Seite die richtigen Disziplinarmaßnahmen reinkommentiert werden, die Gegner beschimpft usw., dann ist das ziemlich heftig. Und ich hab das Gefühl, dass es zunimmt. […]
Das ist die Reaktion einer Mutter auf meinen Artikel „Was Eltern vom Fußball erwarten“, letzte Woche im Blog von planet.training veröffentlicht. Irgendwie juckt es mir in den Fingern mich dem Thema noch mal zu widmen.
Vor ein paar Wochen lese ich den Artikel „Das größte Problem sind die Eltern“ im Tagesspiegel vom 28.09.2016, ANONYM von einem Schiedsrichter geschrieben. Das sagt schon eine ganze Menge aus…
Er berichtet neben den positiven Gründen seines Trainer-Daseins u.a. auch vom Verhalten der „Problemeltern“.
Die, die von der Seitenlinie ihr Kind anbrüllen.
Die, die die gegnerischen Spieler beschimpfen.
Die, die dem Schiedsrichter Unfähigkeit attestieren.
Die, die im äußersten Fall mit Prügel wem auch immer drohen.
"Irgendwie ist der rüde Umgang neben dem Fussballfeld ein Dauerbrenner geworden..."
Für Ralf Klohr, Initiator der FairPlayLiga, ist eine Schlägerei in einem F-Jugend-Spiel 2005 der Auslöser sich mit dem fairen Verhalten auf und neben dem Platz zu beschäftigen. Für ihn sind die Verursacher die Trainer, Eltern und der Schiedsrichter. Zusammen mit den Trainern seines Vereins, in dem er zu der Zeit Jugendleiter ist, stellt er drei Regeln auf:
Fan-Regel
Eltern und alle Zuschauer stehen ca. 15 m vom Spielfeld entfernt, um Einmischen und Reinrufe zu verhindern.Trainer-Regel
Die Trainer beider Mannschaften befinden sich in einer Coaching-Zone, von der sie aus sachlich und einvernehmlich ins Spielgeschehen eingreifen, falls es nötig ist.Schiedsrichter-Regel
In der F- und E-Jugend wird ohne Schiedsrichter gespielt und die Spieler entscheiden selbst über Foul, Ecke, Handspiel oder Einwurf.
Was als ein Pilotprojekt mit 12 Mannschaften 2007 begonnen hat, wird heute flächendeckend bis in die E-Jugend gelebt.
Ralf Klohrs Ansatz ist ganz einfach: es wird an der Basis angesetzt. Bereits in jungen Jahren erlernen die Kinder einen fairen Umgang miteinander, der ihnen als Grundstock für ihre weitere Entwicklung dient. Wie ein junger Baum, der durch ein stabiles Wurzelwerk zu einem stattlichen Koloß werden kann. Macht Sinn!
Aber was ist mit den Eltern?
Die sind ja schon lange den Kinderschuhen entschlüpft. In der Pädagogik heißt es, dass die Grundlagen bis zu einem Alter von 10/12 Jahren gelegt sein sollten. Danach geht es nur noch ums Feinjustieren.
Was bedeutet das für den 45-jährigen Banker, der sich auf dem Platz wie ein Berserker aufführt? Oder die Mutter, die im Spiel zur Furie wird? Bei denen ist der Zug längst abgefahren.
Miteinander reden hilft in den wenigsten Fällen. Gerne kommen dann Argumente, dass man es ja nicht so meint, Fußball nun mal ein emotionaler Sport sei und Einsicht zeigt. Bis zum nächsten Spiel… Und wir wundern uns, wenn Jugendspieler sich auf dem Platz nicht „adäquat“ verhalten.
Im Fußball allgemein herrscht ein rüdes Verhalten. Fair Play hin oder her. Aber muss das auch für den Jugendfußball gelten? Dürfen Emotionen soweit gehen, dass ich mich meinem Gegenüber respektlos, verachtend, verletzend und grenzüberschreitend verhalte?
"Ich sage eindeutig: Nein!"
Den Eltern, die sich jetzt vielleicht angesprochen fühlen, rate ich, sich mal in die Position ihres Kindes zu versetzen, das sie gerade zur Schnecke machen. Oder in den Gegenspieler, den sie verbal beschimpfen. Oder in den Trainer, dem sie sagen, dass er eine Flachpfeife ist und keine Ahnung hat.
Wie fühlt sich das an? Ich schätze mal nicht angenehm. Würden sie so einen Umgangston an ihrem Arbeitsplatz tolerieren? Ich vermute mal nicht.
Ich schreibe oft über Respekt, Toleranz und Wertschätzung. Für mich Tugenden, die die Grundlagen für ein gutes Miteinander sind. Natürlich lässt sich darüber diskutieren, ob das jeder so sieht.
Den pöbelnden Eltern am Spielfeldrand kann es schon helfen, wenn sie mit ihren Mitmenschen so umgehen, wie sie gerne selbst behandelt werden möchten. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand gerne runtergemacht, angebrüllt oder verhöhnt werden möchte.
Dass das nun nicht die Lösung ist, ist mir schon bewusst. Wäre ja zu schön, wenn es so einfach wäre. Es kann aber ein Schritt in die richtige Richtung sein.
"Denn Jeder hat es selbst in der Hand..."
Letztendlich sind die Spieler die Leidtragenden. Sie wollen spielen, sich dem Wettbewerb stellen und vor allem Spaß haben. Was mit schreienden und peinlichen Eltern echt schwer ist.
Was meint Ihr dazu? Wie sind Eure Erfahrungen?
Dieser Artikel wurde von Susanne Amar, Gründerin des Blogs und Podcasts „Ins Netz gegangen“ geschrieben. Hier gibt sie nicht nur spannende Eindrücke aus ihrer Erfahrung im Jugendfußball gibt, sondern zeigt Euch, wie eine gute Kommunikation zwischen Eltern und Trainern möglich ist. Das macht Susanne nicht immer alleine, sondern hat häufig Trainer, Jugendleiter, Sportpsychologen oder andere Personen aus der Welt des Jugendfussballs zu Gast.
Mehr Infos und Artikel findet ihr auf ihrer Website, Facebookseite und in unserem planet.training Trainingsblog.
Euer Team von planet.training